Polyacitid (PLA) ist ein Bio-Kunststoff, der wegen seiner hervorragenden optischen Eigenschaften auch in der Beleuchtung verwendet werden könnte. Das Problem: Bei hohen Temperaturen trübt das Material aufgrund von Kristallisation ein und wird somit intransparent. Eine Gruppe von Forschenden, unter Beteiligung der Hochschule Hamm-Lippstadt, hat im Rahmen einer Studie eine mögliche Lösung für diese Herausforderung erarbeitet. Das Ergebnis wurde jetzt in der Fachzeitschrift "Biomacromolecules" veröffentlicht.
In Anbetracht des viel diskutierten Plastikproblems sind nachhaltige Bio-Kunststoffe heute gefragter denn je: Zum einen werden herkömmliche Polymere aus fossilen Rohstoffen – vor allem Erdöl – hergestellt, die endlich sind und deren Gewinnung und Entsorgung die Umwelt zum Teil stark belasten. Zum anderen haben Bio-Kuststoffe wie PLA einen intrinsisch kleineren CO₂-Fußabdruck. PLA wird aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder Zucker hergestellt. Zukünftig gibt es die Option, auch nicht essbare Pflanzenbestandteile dafür zu verwenden. Zusätzlich bietet PLA umfangreiche Möglichkeiten zum Recycling, beispielsweise über die Rückgewinnung des Monomers Milchsäure mittels Solvolyse, und schließlich ist PLA vollständig biologisch abbaubar.
Doch wie kann die Eintrübung von PLA bei etwa 55°C unterdrückt werden, so dass es in Abschlussscheiben oder Linsen von Scheinwerfern und Leuchten angewendet werden kann? Mit dieser Frage beschäftigte sich Matthias Kesting im Rahmen seiner Promotion, die in Kooperation mit der Universität Maastricht durchgeführt wird. Betreuer dort ist Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Wirt. Ing. Gunnar Seide, an der HSHL ist es Prof. Dr. Jörg Meyer. Weiterhin waren für die HSHL an den Experimenten die Studierenden Anna Maria Ruder und Eric Terbrack sowie Prof. Dr. Christian Thomas für die mikroskopischen Untersuchungen beteiligt. Gemeinsam mit Arbeitsgruppen von der Universität Münster (Prof. Dr. Michael Hansen) und der FH Südwestfalen (Prof. Dr. Stefan Schweizer) wurden die Erkenntnisse unter dem Titel "Toward Optical Quality Polylactide Using Fatty Acid Amides as Clarifiers" in "Biomacromolecules" veröffentlicht.
"Wir haben Additive, sogenannte 'Clarifier', getestet, um die Kristallisation des Materials so zu beeinflussen, dass die gebildeten Kristalle das Licht nicht streuen können – dazu muss ein Wachstum über die Nanoskala hinaus verhindert werden", erklärt Matthias Kesting. "Das konnte bisher nur an sehr dünnen Folien mit Dicken im Mikrometerbereich gezeigt werden. Uns ist nun die Übertragung auf für optische Anwendungen relevante Materialstärken im Millimeterbereich gelungen." Bei den Zusatzstoffen handelt es sich um Fettsäureamide, das sind wachsartige Verbindungen, die aus einem natürlichen Fett oder Öl in Verbindung mit einem Amin, also einer organischen Stickstoffverbindung bestehen. Durch das Herstellen von Compounds, also Mischungen des Polymers mit diesen Additiven, und dedizierte Vorbehandlung mittels Wärme, sogenanntes Tempern, kann das PLA auch bei Temperaturen von 80°C seine Transparenz bewahren. "Das Kristallwachstum im Material wird so gesteuert, dass die entstehenden Kristallite eine zu geringe räumliche Ausdehnung haben, um das Licht zu streuen, so wird die Transparenz erhalten."
Die Studie der Wissenschaftler*innen stellt einen wichtigen Schritt für den Einsatz von PLA als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen, petrochemischen Kunststoffen in der Beleuchtungsindustrie dar, Anwendungen im Fahrradscheinwerfer oder in der Allgemeinbeleuchtung sind nun in greifbarer Nähe. Der vollständige Artikel, der im Open-Source Format veröffentlicht wurde, ist hier nachzulesen.