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MOTIVATION VON WAHLHELFENDEN

Was motiviert Wahlhelferinnen und Wahlhelfer? Ergebnisse einer Befragung in der Stadt Hamm (NRW) im Kontext der Bundestagswahl 2021

Die Stimmabgabe ist der Höhepunkt jeder Wahl; deren Organisation im Vorfeld und am Tag der Wahl ist jedoch nicht minder wichtig. Zugleich sind die Wahlhelfer*innen, die diese Arbeit freiwillig erbringen, in der öffentlichen Diskussion wenig sichtbar. Kommunen berichten zudem immer wieder von Schwierigkeiten, neue Wahlhelfende gewinnen zu können. Auch in der Forschung gibt es erst wenige Erkenntnisse dazu, wer die Wahlhelfenden eigentlich sind und weshalb sie sich freiwillig engagieren. Im Rahmen eines Projekts der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) in Kooperation mit der Stadt Hamm wurden deshalb freiwillige Wahlhelfer*innen zur Teilnahme an einer Befragung im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 eingeladen. Die Befragung sollte Antworten auf die folgenden Fragen liefern: Wer sind die Wahlhelfenden? Was motiviert sie, die Wahl zu unterstützen? Wie können aus Ihrer Sicht neue Wahlhelfende gewonnen werden?

Die Rolle von Wahlhelfer*innen bei der Durchführung von Wahlen

Wahlberechtigte fungieren bei Wahlen nicht allein als Wählende oder Kandierende, sondern sie wirken auch als ehrenamtliche Wahlhelfer*innen in Wahlvorständen mit (Woyke, 2013). So gleichen Wahlhelfende die Namen mit dem Wählerverzeichnis ab, geben Stimmzettel aus, klären Unklarheiten bzgl. der Wahlberechtigung, zählen die Stimmen aus und melden das Ergebnis aus dem Wahlbezirk weiter. Auf diese Weise bilden die Wahlhelfenden "das Fundament der Selbstorganisation der Wahl (…) und sind daher die wichtigsten Träger des Wahlverfahrens" (Bundeswahlleiter, 2021) . Allein im Rahmen der Bundestagswahl 2021 mussten die Kommunen ca. 88.000 Wahlvorstände in ganz Deutschland bilden.

Gewinnung von Wahlhelfer*innen in den Kommunen

Viele Kommunen greifen bei der Besetzung der Wahlvorstände auf einen Pool aus registrierten Wahlhelfer*innen zurück. So sind beispielsweise in der entsprechenden Datenbank der Stadt Hamm (Nordrhein-Westfalen) ungefähr 4.000 potenzielle Wahlhelfende registriert. Der Pool setzt sich dabei mehrheitlich aus Wahlberechtigten zusammen, die bereits in der Vergangenheit als Wahlhelfende tätig waren. Wie Achim Goerres und Sebastian Krause (2017) in einer ersten Studie zur Rekrutierung von Wahlhelfenden für das Land Nordrhein-Westfalen zeigten konnten, nutzen 95% der befragten Kommunen solche "Altbestände" zur Besetzung in den Wahlbezirken. Des Weiteren sind Personen in den Datenbanken der Kommunen registriert, die noch nicht als Wahlhelfende tätig waren, die jedoch prinzipiell ihre Bereitschaft dazu erklärt haben. Goerres und Krause (2017) zufolge greifen 91% der Kommunen auf diese Personengruppe zurück, um Wahlvorstände zu besetzen.

Um Bürger*innen für die Tätigkeit in einem Wahlvorstand zu gewinnen, nutzen Kommunen eine Vielfalt an Kanälen. So werben Kommunen in NRW vorwiegend über Beiträge in sozialen Medien, Mitteilungen auf Internetseiten sowie über Presseaufrufe. Des Weiteren binden die Kommunen auch die politischen Parteien und Mitarbeiter*innen der Kommunen in den Wahlprozess mit ein (Woyke, 2013). In ungefähr zwei Drittel der von Goerres und Krause (2017) befragten Kommunen wurden Parteimitglieder angefragt. Etwas mehr als die Hälfte der Kommunen gaben an, kommunale Mitarbeiter*innen einzubinden. Auffällig ist dabei das Bestreben der Kommunen, freiwillige Wahlhelfer*innen zu gewinnen. Von Verpflichtungen und von Sanktionen (im Falle einer Ablehnung der Einberufung) wird dagegen nur wenig Gebrauch gemacht. Auch die Stadt Hamm setzt auf die Freiwilligkeit ihrer Wahlhelfenden. Sie verfolgt bei der Besetzung der Wahlvorstände die Strategie, zunächst Wahlhelfende erneut einzuberufen, die bereits als solche tätig waren.

Motive von Wahlhelfenden – Befragung in der Stadt Hamm

Um zu erfahren, wer sich engagiert und weshalb, wurde zwischen Juni und September im Jahr 2021 eine Umfrage unter Wahlhelfenden in Hamm durchgeführt. Die Einladung zur Befragung wurde dem Einberufungsschreiben beigelegt, welches an über 1.200 registrierte Wahlhelfende versendet wurde. Insgesamt nahmen 780 Wahlhelfende an der Umfrage teil. Dabei waren etwas mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmenden weiblich. 40 Prozent der Befragten war zwischen 46 und 65 Jahren alt und etwa 20 Prozent der Befragten zwischen 18 und 25 Jahren alt. Die Mehrheit der befragten Wahlhelfenden war bereits in der Vergangenheit häufiger in Wahlvorständen im Einsatz.

Die Stadt Hamm verbindet mit der Umfrage das Ziel, potenzielle Wahlhelfer*innen noch besser ansprechen zu können, bereits registrierte Wahlhelfer*innen weiterhin zu aktivieren und an die Tätigkeit zu binden. Im Mittelpunkt der Befragung stand deshalb die Frage, welche Motive Wahlhelfende für ihr Engagement haben und welche Erfahrungen sie bisher als Wahlhelfende gemacht haben. Darüber hinaus ist es für die Kommune wichtig zu erfahren, weshalb Einberufene die Tätigkeit ablehnen, welche Hinderungsgründe es für sie gibt und welche Verbesserungsmöglichkeiten sie bei der Werbung neuer Wahlhelfender und bei der Organisation der Wahl sehen.

Ergebnisse der Befragung zu Motiven, Hinderungsgründen und Wünschen

Motive

Ein Großteil der Befragten berichtete, aus demokratischer Überzeugung heraus als Wahlhelfende tätig zu sein. Fast jede zweite befragte Person gab als Gründe für die Teilnahme ein Interesse an der Tätigkeit und ein Verpflichtungsgefühl gegenüber der Gesellschaft an. Zudem motivierte einige die Übernahme von Verantwortung, das Zusammensein mit anderen Menschen und das gezahlte Erfrischungsgeld. Ein Wahllokal in der Nähe, in der die Tätigkeit stattfindet, ein höheres Erfrischungsgeld, ein Arbeitsausgleich durch Arbeitgeber oder die Möglichkeit, mit Freunden und Bekannten in demselben Wahlvorstand tätig sein zu können, wurden mehrheitlich als zusätzliche Anreize für die Tätigkeit angesehen. In der Befragung zeigte sich, dass ungefähr ein Drittel der befragten Personen durch Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte für die Tätigkeit als Wahlhelfer*in geworben oder dazu angeregt worden ist.

Bisherige Erfahrungen mit der Wahlhilfe

Welche Erfahrungen haben die Wahlhelfenden bisher gemacht? Wahlhelfende, die bereits in der Vergangenheit wiederholt mitgewirkt hatten, berichteten von einer guten Zusammenarbeit im Team. Jedoch wurde auch Kritik geäußert. Fast ein Drittel aller Beteiligten bewerteten den Zeitaufwand für die Tätigkeit als eher negativ. Darüber hinaus wurde von einigen Befragten die Organisation im Team und die Teamzusammensetzung am Tag der Wahl kritisiert. Diejenigen, die bisher nicht als Wahlhelfende aktiv waren oder ablehnten, gaben als Gründe hierfür ein fehlendes Wissen über die Tätigkeit oder eine fehlende Einladung an. Einige Teilnehmende führten berufliche oder private Gründe an, die zu einer Ablehnung der Einberufung geführt hatten.

Handlungsempfehlungen aus Sicht der Wahlhelfenden

Die Befragung ergab zudem interessante Einblicke in die Wünsche und Verbesserungsvorschläge von Seiten der Wahlhelfenden selbst. Wahlhelfende hatten in der Befragung auch die Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge selbst zu formulieren. Folgende Verbesserungsmöglichkeiten wurden durch die Wahlhelfenden in Hamm angeregt:
1) Gewinnung neuer/junger Wahlhelfender: Imagevideos zur Tätigkeit sollten bereitgestellt werden, um mehr Informationen und realistische Einblicke in die Tätigkeit bekommen zu können. Das würde aus Sicht der Wahlhelfenden auch die Gewinnung neuer bzw. junger Wahlhelfender erleichtern.
2) Qualifizierung der Wahlhelfenden: Onlineschulungen und Videos, aber auch Informationen per Mail und per Post oder eine Informationsveranstaltung zu den Aufgaben am Wahltag könnten dazu beitragen, die Wahlhelfenden besser auf ihren Einsatz vorzubereiten. Besonders dann, wenn Positionen im Wahlvorstand neu besetzt werden, sollten weitere Schulungsangebote kurzfristig möglich sein
3) Förderung der Teamzusammenarbeit: Die Teamzusammenarbeit im Wahlvorstand sollte mithilfe eines Leitfadens unterstützt und die Zusammenarbeit in Team durch Trainings verbessert werden. Eine frühzeitige Einteilung von Schichten könnte ebenfalls helfen, die Teamarbeit zu verbessern und den Zeitaufwand bei der Tätigkeitsausführung zu verringern.
4) Anreize: Ein Bonusprogramm für erfolgreich geworbene Wahlhelfende könnte die Anzahl an Freiwilligen steigern. Der Bonus könnte die Motivation erhöhen, andere für die Tätigkeit zu begeistern.
5) Familienunterstützung: Eine Kinderbetreuung am Tag der Wahl könnte familiäre Belastungen reduzieren und eine Teilnahme insbesondere von Eltern junger Kinder ermöglichen.

Umsetzung von Handlungsempfehlungen in der Stadt Hamm

Bereits zur Bundestagswahl 2021 wurde durch das Wahlbüro der Stadt Hamm der Wahlleitfaden redaktionell überarbeitet und neu gestaltet. Als weitere Schritte zur am 15. Mai 2022 stattfindenden Landtagswahl ist als Anreiz für den Vorsitz des Wahlvorstandes die Ausgabe einer Hammer Karte vorgesehen, um die Zahl der Teilnehmenden zu erhöhen und dadurch eine bessere Organisation innerhalb der Wahlvorstände zu gewährleisten. Darüber hinaus wird erstmalig ein Online-Meeting angeboten, um Interessierte und neue Wahlhelfende zu informieren. Um auf das Angebot einer Tätigkeit als Wahlhelfender hinzuweisen, werden Plakate mit QR-Code in öffentlichen Bereichen ausgehängt. Ebenso wird in einem Berufskolleg der Stadt Hamm im Rahmen des Unterrichts die Tätigkeit als Wahlhelfender vorgestellt. Ein besonderes Augenmerk gilt der Wahrnehmung des erstmaligen Angebotes einer Nachmittags-Kinderbetreuung am Wahltag.
Weitere Forschungsprojekte im Themenbereich sind geplant. Hierfür werden weitere Partner*innen auf Kommunal- und Landesebene gesucht. Bei Interesse können Sie sich bei den Projektbeteiligten melden.

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